- Rokoko
- Spätbarock
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Ro|ko|ko ['rɔkoko], das; -[s]:(auf das Barock folgender) durch zierliche, beschwingte Formen und eine heitere oder empfindsame Grundhaltung gekennzeichneter Stil der europäischen Kunst, auch der Dichtung und Musik:ein Schloss im Stile des Rokoko.* * *
Rọ|ko|ko〈a. [-′—], österr. [—′-] n.; -s; unz.〉 im 18. Jh. auf das Barock folgender Stil, der durch zierliche, heitere, beschwingte Formen, bes. Rocaillenornamente (daher der Name), gekennzeichnet ist [<frz. rococo (im Pariser Künstlerjargon des 19. Jh.) <rocaille „Geröll, aufgehäufte Steine, Muschelwerk“ usw. zur Verspottung der Zierformen des 18. Jh.; zu roc „Felsen“]
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Rọ|ko|ko [auch: ro'kɔko, rɔko'ko:], das; -s, Fachspr. auch: - [frz. rococo, zu ↑ Rocaille; nach dem häufig verwendeten Muschelwerk in der Bauweise dieser Zeit]:1. durch zierliche, beschwingte Formen u. eine weltzugewandte, heitere od. empfindsame Grundhaltung gekennzeichneter Stil der europäischen Kunst (auch der Dichtung u. Musik), in den das Barock im 18. Jh. überging:das Zeitalter, die Malerei, die Mode des Rokoko[s];seine Gedichte sind [echtes] R.2. Zeit[alter] des Rokoko:die Malerei, Musik im R.* * *
Rọkoko[französisch rococo, vergleiche Rocaille] das, -s, fachsprachlich auch -, in der bildenden Kunst die Spätphase des Barock als Ausdrucksform des späten Absolutismus, etwa zwischen 1720 und 1780. Viele Elemente des Barock ausreifend, aber auch sich von ihm abkehrend, leitet das Rokoko zum Klassizismus über, der sich v. a. in England, Frankreich und dem protestantischen Norddeutschland seit etwa 1750 neben ihm entwickelte und ab 1770 dominierte. Größe und Pathos des Barock, in dem Kunst als Idee des Souveräns und der gegenreformatorischen Kirche erscheinen sollte, weicht im Rokoko dem Gefälligen, Galanten, Eleganten, aus sich selbst Schönen als dem Ideal der höfischen Gesellschaft. Thematisch führte dies teilweise zur Verniedlichung der antiken Götterwelt und zu einer psychologisierenden Darstellung der Heiligen, andererseits aber zu einer Freisetzung gestalterischer Fantasie. In den Chinoiserien klingt die Freude am Exotischen an.Architektur wird kulissenhaft, mit reliefhaft modellierter Oberfläche gestaltet. Anstelle der antiken Säulenordnung erscheinen oft »niedere« Formen der Baukunst (Lisenen, Hermen, Voluten). Anstelle großer, repräsentativer Residenzen werden nun mit der Hinwendung zum Privaten Stadtpalais und Lusthäuser in Parks wichtige Bauaufgaben. Helle intime Räume und Kabinette mit abgerundeten Ecken verdrängen die eher dunklen barocken Säle; pastellfarbene Töne dominieren. An Wänden und Möbeln verwendet man seit etwa 1750 zunehmend Weiß anstelle von Gold. Große Fenster, Spiegel und Lüster verstärken den unwirklichen »arkadischen« Wohncharakter.Als Dekorationsstil des Stadtadels entstand das Rokoko zwischen 1720 und 1730 in Paris (Louis-quinze), wo es als Reaktion auf die offizielle Staatskunst Ludwigs XIV. (Louis-quatorze) mit der Régence (1715-23) vorbereitet wurde. Leitmotiv der Rokokodekoration ist die Rocaille, ein Ornament, das im Rahmen der Groteskendekoration der Régence (Jean Berain der Jüngere, * um 1674, ✝ 1726, D. Marot der Ältere, A. Watteau) bildhaft eingesetzt wird. Die an der Klassik orientierte Architektur des Rokokos in Frankreich (Theoretiker J. F. Blondel) zeigt sich beim Stadtpalais (G. Boffrand), besonders in Inneneinrichtungen (G. M. Oppenordt) mit geschnitzten Vertäfelungen (französisch Panneaux), aber auch in Landschlössern (Chantilly, Petit Château) und Lustbauten (Petit Trianon im Park von Versailles, von J.-A. Gabriel). Anlagen größeren Ausmaßes entstanden nur in der französischen Provinz (Nancy, Place Stanislas; Straßburg, Château de Rohan). Mehr als der französischen Skulptur des Rokokos (J.-B. Lemoyne, E. Bouchardon, J.-B. Pigalle, É.-M. Falconet, J.-A. Houdon und der in England tätige L. F. Roubiliac) gelang es in der Malerei, eine eigene poetische Bildgattung zu begründen, v. a. Watteau, dem Schöpfer des galanten Genres (Fêtes galantes), einer traumhaft entrückten, arkadischen Kavalierswelt. F. Boucher, J. H. Fragonard, N. Lancret und J.-B. Pater schufen Gesellschaftsstücke, Schäferszenen und Boudoirbilder von oft hintergründiger Bedeutung. Das psychologisierende Porträt repräsentieren M.-Q. de La Tour, J.-M. Nattier und J.-É. Liotard; J.-B. Chardin trat mit Stillleben und Genrebildern hervor. Einflüsse der französischen Rokokomalerei zeigen sich in England in den Werken von W. Hogarth, J. Reynolds und T. Gainsborough.Eine eigene Variante des Rokokos entstand unabhängig von Frankreich in Venedig, v. a. in der Malerei. S. Ricci, G. B. Piazzetta, G. B. Pittoni und G. B. Tiepolo, die mit Fresken und Altarbildern auch nach Österreich, Deutschland, Spanien und England wirkten, sind die Hauptvertreter eines theatralisch-anmutigen Illusionismus. Canaletto, F. Guardi und B. Bellotto begründeten den Ruhm der Vedute; typisch sind auch die Alltagsszenen von P. Longhi, die Pastellbildnisse der Rosalba Carriera und die Capriccios von G. B. Piranesi. Ausgesprochen rokokohafte Züge erhielten während des italienischen Spätbarock die Kirchenräume von B. A. Vittone in Piemont (Brà, Santa Chiara, 1742) und das Interieur des Schlosses Stupinigi bei Turin (F. Juvarra, 1729 ff.).Durch die massenhafte Verbreitung von Dekorationsvorlagen im Kupferstich (Oppenordt, J.-A. Meissonier; in Deutschland besonders Augsburger Verlage) fand das Rokoko schnell Eingang in die verschiedenen Residenzen Europas. Nach Deutschland gelangte es durch den in Frankreich geschulten, am Münchener Hof tätigen F. de Cuvilliés der Ältere (Münchner Residenz: »Reiche Zimmer«; Amalienburg; Residenztheater; ab 1729). In mehr spätbarockem Architekturrahmen erbaute v. a. J. B. Neumann die fürstbischöfliche Residenz der Schönborn in Würzburg, G. W. von Knobelsdorff im aufgeklärten friderizianischen Rokoko Sanssouci in Potsdam. Kleinere Residenzen des Rokokos sind Ansbach und Brühl. Wichtigen Anteil am Gesamteindruck des höfischen Rokokos tragen die Stuckatoren J. B. Zimmermann, J. M. Feuchtmayer, Franz Xaver Feuchtmayer (* 1705, ✝ 1764), J. G. Üblhör, G. A. Bossi, J. A. Nahl der Ältere und J. Hoppenhaupt. Enklaven des Rokokos sind Schlosseinrichtungen in Schönbrunn bei Wien, Fertőd in Ungarn, Sankt Petersburg und Stockholm.Weitgehend eigenständig - entsprechend der autonomen Stellung der reichsfreien Stifte und Klöster - entfaltete sich das kirchliche Rokoko im deutschen-sprachigen Raum als umfassender Stil, der auch den volkstümlichen Bereich prägte. Unter dem Einfluss italienischer und böhmischer Spätbarockarchitektur (G. Guarini, C. und K. I. Dientzenhofer) und theaterhaftem Illusionismus (A. Pozzo, C. D. und E. Q. Asam) entstanden Kirchenräume, die sinnenhafte Spiritualität mit märchenhaftem Ambiente vereinen (von Johann Michael Fischer: Dießen am Ammersee, Berg am Laim, Zwiefalten, Ottobeuren, Rott am Inn; von D. Zimmermann: Wallfahrtskirchen Steinhausen, Wies; von P. Thumb: Birnau, Sankt Gallen; von J. B. Neumann: Vierzehnheiligen, Neresheim). Die bereits genannten Stuckatoren und die Bildhauer J. A. Feuchtmayer und J. J. Christian in Schwaben, J. B. Straub, I. Günther in Altbayern, J. C. Wenzinger am Oberrhein, J. Auwera in Franken vervollständigten das Kircheninnere zu einem szenischen Paradies, das den Betrachter mit einbezieht. Die Vorliebe für gewölbte Zentralräume ließ großflächige illusionistische Deckenmalerei zu, die barocke Emblematik und Mystik mit neuem Naturverständnis und Geschichtsbewusstsein verbindet (J. B. Zimmermann, J. E. Holzer, M. Günther, Johann Zick, P. Troger, F. Maulbertsch). Auch die französische Gartenkunst wurde weiter gepflegt, hervorzuheben sind die grotesken Gartenfiguren von F. Dietz (Veitshöchheim). Dagegen setzte sich in England ab 1730 der Landschaftsgarten durch, in dem das Pittoreske aus der bildenden Kunst in den Park übertragen wird und die sentimental erlebte Natur sich selbst abbildet.Das Kunsthandwerk des Rokokos, in ganz Europa verbreitet, verbindet Züge der hohen Kunst mit serieller Produktion, z. B. in der französischen und Augsburger Goldschmiedekunst, den Lyoner Manufakturen für Gobelins und Seidentapeten und besonders in den Manufakturen des neu entdeckten Porzellans (Meißen: J. J. Kändler; Nymphenburg: F. A. Bustelli; Frankenthal: J. F. Lück, Franz Konrad Linck, * 1730, ✝ 1793). Kunsttischler (Ebenisten) schufen die Voraussetzungen für das moderne, bequeme Mobiliar wie Kommode, Konsoltisch, Chaiselongue, Fauteuil (C. Cressent, J. F. Oeben, D. Roentgen, T. Chippendale).Die Mode des Rokokos ist von der französischen Hofmode geprägt, sie stellt eine Weiterentwicklung der schon in der Régence beginnenden Vorliebe für künstlich gesteigerte Kostümformen dar, v. a. bei der Frauenkleidung (Kleidung).Unter Rokokoliteratur wird die zierlich-graziöse, spielerisch-frivole, galante Gesellschaftsdichtung verstanden, die ihre vollkommene Ausbildung in der Spätzeit des höfischen Klassizismus in Frankreich fand. In Deutschland zeigen die Dichtungen der Anakreontik, der Empfindsamkeit und die Schäferdichtung wesentliche Elemente des Rokokos. Hauptvertreter in Deutschland sind C. M. Wieland, der junge Goethe, der junge G. E. Lessing, F. von Hagedorn, J. W. L. Gleim, J. P. Uz, J. N. Götz, C. F. Weisse, C. F. Gellert, S. Gessner, H. W. von Gerstenberg, E. C. von Kleist, J. E. Schlegel, J. G. Jacobi und M. von Thümmel.Man hat versucht, den kunstgeschichtlichen Begriff Rokoko auch auf die Musik zu übertragen, und zwar für den musikgeschichtlichen Abschnitt zwischen der Bach-Händel-Zeit und der Wiener Klassiker (etwa 1740-80). Musikalisch entspricht die als galanter Stil angesprochene Hinwendung zu kleinen Formen, empfindungsvoller Melodik, einfacher Harmonik und reichem Verzierungsspiel der Haltung des Rokokos. Doch ist die Zeit der Vorklassik zu reich an Erscheinungen (Mannheimer Schule, Berliner Schule, Wiener Schule) und zu grundlegend in der Entwicklung von Formen, Satztechniken und Ausdrucksarten, als dass die Benennung als Rokoko sie umfassend kennzeichnen könnte.V. Loers: R.-Plastik u. Dekorationssysteme (1976);Kunst u. Kultur des Barock u. R., hg. v. A. Blunt (a. d. Engl., 1979);H. Bauer: R.-Malerei (1980);H. Wagner: Bayer. Barock- u. R.-Kirchen (1983);E.-G. Baur: R. u. Klassizismus, von Watteau bis Goya (1985);C. Norberg-Schulz: Spätbarock u. R. (1985);A. Gebhardt: Das Phänomen des R. Poesie, Musik, Malerei, Raumausstattung, Kleinplastik, Architektur (1996);M. Vergoossen: Zeitstrukturen u. Zeitmotive in Graphik u. Malerei des frz. R. (1996).Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:französische Malerei des 18. Jahrhunderts: Koketterie und Anmutitalienische Malerei des 18. Jahrhunderts: Das Vermächtnis der VergangenheitRokoko: Architektur und Kunsthandwerk* * *
Rọ|ko|ko [auch: ro'kɔko; rɔko'ko:], das; -s, Fachspr. auch: - [frz. rococo, zu ↑Rocaille; nach dem häufig verwendeten Muschelwerk in der Bauweise dieser Zeit]: 1. durch zierliche, beschwingte Formen u. eine weltzugewandte, heitere od. empfindsame Grundhaltung gekennzeichneter Stil der europäischen Kunst (auch der Dichtung u. Musik), in den das Barock im 18. Jh. überging: das Zeitalter, die Malerei, die Mode des -[s]; seine Gedichte sind [echtes] R. 2. Zeit[alter] des Rokoko: die Malerei, Musik im R.
Universal-Lexikon. 2012.